Seit dem 1. Januar 2014 hat die Gemeinde Sandstedt bekanntlich ihre Selbstständigkeit verloren und ist nun nur noch eine „Ortschaft“ (von vielen) in der so genannten „Einheitsgemeinde Hagen im Bremischen“. Ohne an dieser Stelle Sinn oder Unsinn dieser Fusion zu erörtern: Sie hat unmittelbare Folgen für die Namen der einstigen Ortschaften – denn die werden verschwinden, getilgt, ausgemerzt. Sehr schade.
Die Bremerhavener „Nordsee-Zeitung“ hat in ihrer heutigen Ausgabe dazu folgenden Beitrag veröffentlicht (Autor: Jens Gehrke):
SANDSTEDT. Jedes Mal, wenn der Sandstedter Burkhard llschner die Post aus dem Briefkasten holt, ist er verärgert: Hagen steht dort auf dem Adressetikett. Der Ortsname Sandstedt taucht in Zeiten der Einheitsgemeinde nicht mehr auf. „Das zerstört die kulturelle ldentität der Orte“, findet er – und möchte, dass es rückgängig gemacht wird.
„Was mich stört, das ist die Art und Weise, wie bei den Fusionen die Namensgebung geregelt worden ist“, sagt Burkhard Ilschner, während er die Post des Tages durchschaut. Fast immer ist sie mit „Hagen“ oder „Hagen im Bremischen“ adressiert.
Nach der Einführung der Einheitsgemeinde musste jeder Haushalt dafür sorgen, dass andere von der neuen Adresse erfahren. Ilschner selber musste auch neue Briefbögen, Kuverts und neue Stempel anschaffen. „Ich möchte einfach das Recht haben, nach außen als 27268 Sandstedt aufzutreten“, macht er deutlich. Es sei zwar weiterhin möglich, „OT Sandstedt“ zwischen Name und Straße zu setzen. Doch er sei sich sicher, dass dieser Zusatz mit der Zeit immer seltener werde. Im Alltag setze sich Hagen durch, der Name Sandstedt bleiche langsam aus.
„Ich möchte, dass Sandstedt noch in 20 lahren mit seinem einzigartigen Namen wahrgenommen wird“, so Ilschner. Wie solle der Zuzug von Neubürgern und der Ausbau des Tourismus vorangetrieben werden, wenn die Ortsidentität verloren gehe, fragt er sich. Der überregionale Bekanntheitsgrad werde stark eingeschränkt. Hagen gebe es zigmal. „Sandstedt, Albstedt, Dorfhagen, Driftsethe, Harrendorf, Heine, Kassebruch und viele andere Ortsnamen sind aber einmalig in Deutschland.“ Er wundere sich, warum es in der Gemeinde Hagen überhaupt zu der Neuregelung gehommen sei. Die Einzelgemeinden hätten vorher bereits eine gemeinsame Postleitzahl gehabt. „In der Einheitsgemeinde Loxstedt ist es doch auch erlaubt, etwa Düring oder Stotel zu schreiben“, führt er an.
Bürgermeister Andreas Wittenberg (parteilos) stellt auf Anfrage klar, dass die Rückkehr zu dem alten System nicht mehr möglich ist. Die Post sortiere nach der fünfstelligen Postleitzahl plus der ersten beiden Buchstaben des Ortsnamens. Wenn dort etwa „Bramstedt“ statt „Hagen im Bremischen“ stünde, würde der Brief automatisch aussortiert und an den Absender zurückgeschickt. Und auch in Loxstedt sei der korrekte Weg, den Brief zum Beispiel an 27612 Loxstedt-Düring zu adressieren. Dieter Pleyn, Erster Gemeinderat in Loxstedt, bestätigt das auf Anfrage. Die Regeln für die Wurster Nordseeküste, Geestland, Loxstedt und Hagen im Bremischen seien gleich.
Auch Post-Sprecherin Maike Wintjen macht deutlich, dass ein Zurück nicht mehr möglich ist. Die Gemeinden und ihre Vertreter hätten sich für den politischen Zusammenschluss entschieden, der sich dann auch postalisch auswirke. Die Post habe ihre Maschinen jetzt eingerichtet. Wenn Bürger an den alten Adressen festhielten, könne es zu Verzögerungen oder Rücksendungen kommen. Die Übergangsfrist sei in der Regel auf ein halbes Jahr angesetzt.
Die wurde aber offenbar verlängert: Burkhard Ilschner erhält noch hin und wieder Briefe, die mit 27268 Sandstedt adressiert sind. Das bereitet ihm dann jedesmal eine kleine Freude.
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